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Ein Kriminalfall - Bankier Kaspar Trumpy
Zu den Kriminalfällen von trauriger Berühmtheit, an denen das gegenwärtige Jahrzehnt nur zu reich ist, hat auch die Schweiz ihr Kontingent gestellt. Bald nachdem, am Morgen des 16. Febr. des Jahres 1864, der Bankier Kaspar Trümpy auf seinem Landgut zu Wabern, eine halbe Stunde von der Stadt Bern, gestorben war, verbreitete sich das Gerücht, sein Tod sei kein natürlicher gewesen. Erst sprach man von Selbstmord, dann flüsterte man sich zu, Trümpy sei umgebracht worden. Die Behörde hatte ein leises Ohr für die Stimme des Argwohns, sie schritt ein und die Chemie feierte einen neuen Triumph: das furchtbar tödliche Element aus nux vomica, Strychnin, das seine Opfer in wütenden Krämpfen zerreißt und emporschnellt, bevor der Tod ihren Qualen ein Ende macht, wurde in zwanzigfachem Übermaß über die genügende Dosis in dem Leichnam gefunden. Ja der Scharfsinn der Gerichtsärzte wusste aus diesem unzweifelhaften Ergebnis, in Verbindung mit manchen andern Umständen, der Strafjustiz ihren schweren Weg noch weiter zu bahnen und gelangte zu dem Schlusse, dass Trümpy nicht mit eigener Hand das Gift genommen habe. Nun war der Strich unter der langen Reihe groß- und kleinzifferiger Faktoren bereits gezogen, jeder Schüler konnte die Addition vornehmen: Trümpy war auf Antrieb seiner eigenen Frau von seinem Arzt und Hausfreund, dem Dr. Karl Hermann Demme, vergiftet worden. Die Verdächtigen wurden in Haft gebracht, die Untersuchung gegen sie eingeleitet und aus den Blättern der Schweiz wiederholten es die Zeitungen aller Nationen. Sie reihten den Namen Demme's den schrecklichen Namen Palmer, Castaing, de la Pommerais und Jahn, den Namen derjenigen Ärzte an, welche das Vertrauen ihrer Opfer zum kaltblütigsten, unmenschlichsten Verbrechen missbraucht und dabei vor der gerechten Strafe hinter dem Schilde ihrer Wissenschaft sich zu decken gesucht hatten.
Sumpfige Böden und die Saat für einen Giftmord
Hier schwankte das Zünglein der Wage herüber und hinüber, und wenn sein endlicher Ausschlag, nach unserer festen Überzeugung, zuletzt auch auf die unzweifelhafte Wahrheit gezeigt hat, war doch sein Abirren, nicht ohne Schuld der davon schwer Betroffenen, sehr verzeihlich, und um selbst der Pflicht unparteiischer Gerechtigkeit zu genügen, müssen wir uns zunächst auf den Standpunkt derer versetzen, welche durch ihr Amt berufen waren, als Diener der Gerechtigkeit hier einzugreifen und dem Einfluss der stürmisch aufgeregten öffentlichen Meinung um sie herum desto weniger sich ganz entziehen konnten, als eine sittliche Verderbnis sich vor ihnen aufhat, deren Sumpfboden nur zu sehr geeignet war, auch der Giftpflanze eines solchen Verbrechens reichliche Nahrung zu gewähren.
Darum entwerfen wir vor allem ein möglichst getreues Bild der Personen, welche später in diesem Drama hauptsächlich mit gehandelt haben, jedoch so, wie es vor der Katastrophe und ehe deren Schatten auf sie fiel, bevor ihre geheimen Sünden an das Licht der Öffentlichkeit gezogen wurden, ihren Mitbürgern erschien.
Science and everyday life cannot and should not be separated.
Rosalind Franklin